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„Wollen Sie das vernünftig und gründlich trainiert haben – oder nur besprochen?“

Trainer, die ihre Trainings nicht zwingend selbst designen? Das sollte endlich der Normalfall werden, findet Anna Langheiter. Die Expertin für Trainingsdesign erklärt, wie sie aus trockenen Inhalten gute Seminare macht – und warum sie Trainings nicht unbedingt selbst halten muss.

„Wollen Sie das vernünftig und gründlich trainiert haben – oder nur besprochen?“
Quelle: Anna Langheiter

Frau Langheiter, Sie schreiben in Ihrem Buch Trainingsdesign, dass Trainer und Trainingsdesigner nicht zwangläufig eine Person sein müssen. Ich denke, da sind viele überrascht.

Anna Langheiter: Ja, das war ich damals auch. Ich erinnere mich noch: Als Gast eines Kongresses in Amerika saß ich in einem Raum mit rund 300 Menschen, und es kam die Frage auf, wer von den Anwesenden denn Trainingsdesigner sei, und wer Trainer. Zweidrittel der Menschen streckten bei Frage eins die Hand nach oben, der Rest später. Und ich so: Wartet mal! Trainer und Designer sind doch ein- und dieselbe Person – zumindest bei uns in Europa! Man erklärte mir dann freundlich, dass das in Amerika schon lange nicht mehr der Fall sei. Kurzum: Trainingsdesigner machen nichts anderes als Trainings zu entwickeln. Und die Trainer führen sie dann durch. Das macht durchaus Sinn.

Warum?

Es gibt Trainer, die sind spitze im Training, haben aber keine Ahnung von Design. Und es gibt Designer, die eben nicht wirklich hervorragende Trainer sind. Natürlich gibt es auch viele Menschen, die beides können Aber selbst die bevorzugen in der Regel das eine oder das andere. Ich selbst zum Beispiel bin in beiden Bereichen aktiv, Trainingsdesign aber macht mir viel mehr Spaß. Es wird Zeit, dass auch die Unternehmen in Europa endlich akzeptieren, dass Trainer und Designer unterschiedliche Personen sein können – es vielleicht sogar besser sein sollten, und dass man eben auch bereit sein muss, für ein gutes Design entsprechend zu zahlen.

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Zusammenfassung (Buch)

Trainingsdesign

Mehr Lernerfolg durch gutes Trainingsdesign.

Anna Langheiter managerSeminare Verlag
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Stichwort „gutes Design“ – wie gehen Sie an so einen Designprozess heran?

Bei einem ersten Termin gehe ich mit dem Kunden die sieben Bereiche der Trainingsbedarfsanalyse Canvas durch. In dieser detaillierten Bedarfsanalyse geht es um die Zielgruppe, um die Inhalte und das erwartete Ergebnis. Viele Fragen können die Kunden in diesem Gespräch nicht spontan beantworten, da sie zwar in ihrer Position als Führungskraft wissen, was gut läuft und was nicht – wie es aber laufen sollte, da wird’s dann schon schwieriger. Sicher kläre ich auch ab, welche Trainings schon gemacht wurden und welches Fachwissen vorhanden ist. Ein wesentlicher Punkt ist, wie der Transfer stattfinden kann und wie das Unternehmen diesen unterstützen wird. Danach setze ich mich an das Design, wobei ich je nach Thema weitere Recherchen anstelle oder Kollegen befrage. An diesem Punkt widerspreche ich vielen Experten, die behaupten, dass ein Trainingsdesigner großes Hintergrundwissen zu den einzelnen Inhalten braucht. Ich sage: Die Inhalte werden mir von meinen Kunden in Form von Fachwissen zur Verfügung gestellt, meine Aufgabe ist es, sie kreativ und logisch „zu verpacken“.

Was passiert während des Designprozesses?

Ein Design entsteht Stück für Stück, also Modul für Modul. Dafür nehme ich die Inhalte und überlege, wie sich diese in eine logische, aber auch spannende Abfolge bringen lassen. Erst dann bediene ich mich also an einer Art Didaktik-Bauchladen. Darin sind unter anderem: Storytelling-Elemente, Arbeiten mit Metaphern, Improtheater, das Darstellen von Prozessabläufen mit Gegenständen, Arbeiten mit Spielen wie Memory oder Quizarten. Ein klassischer Trainingstag besteht aus vier Modulen à 90 Minuten und wird bei Mehrtagestrainings so wiederholt. Da muss alles rein, und zwar in Form eines Designs, das interaktiv und kreativ ist. Wichtig ist außerdem, dass die Teilnehmer nicht einfach ins kalte Wasser geworfen werden, sprich: Erst am Trainingstag beginnen, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Im Idealfall führe ich ein Live-Onlinetraining vor und nach dem Training durch: im ersten tausche ich mich mit den Teilnehmenden aus und wir klären gemeinsam, wann und in welchem Rahmen sie die Dinge anwenden werden, die wir trainieren werden. Im zweiten klären wir auch ab, was sich geändert hat und wir evaluieren, ob und wie genau das Training ihnen geholfen hat.

Evaluation von Trainings klingt nicht ganz einfach – da fehlt doch das Greifbare. Nicht?

Ja, am Evaluationsprozess scheitern die meisten. Würden wir endlich beweisen können, dass es etwas bringt, hätten wir als Trainer und Designer in Krisenzeiten wie derzeit keine Probleme, sondern wären bei den systemrelevanten Trainings ausgebucht. Ich selbst habe schon in der Finanzkrise 2008/2009 erlebt, dass alle Unternehmen als erstes die Weiterbildung von der Speisekarte strichen. Dabei gilt:

Weiterbildung ist gerade in Krisenzeiten gut investiertes Kapital. Zudem ist es auch gar nicht so schwierig, aufzuzeigen, ob das Training etwas gebracht hat. Es ist sogar einfacher als man denkt, denn: Alles lässt sich messen.

Anna Langheiter

Klingt ambitioniert….

(Lacht.) Ich bin ein Six-Sigma-Kind. Kernelement dieser Qualitätssicherungsmethode ist die Beschreibung, Messung, Analyse, Verbesserung und Überwachung von Geschäftsvorgängen mit statistischen Mitteln. Daher: Man kann alles messen, man muss nur wollen. Wichtig ist es, zwischen qualitativer und quantitativer Messung zu unterscheiden. Nehmen wir als Beispiel ein Call Center: Wenn es Ziel der Firma ist, dass die Teilnehmer schneller die Gespräche führen, werden sie an der Dauer der Telefonate erkennen können, ob das Training Wirkung zeigt. Das ist die quantitative Seite. Will ich wissen, ob die Gespräche besser sind, befrage ich die Kunden, die anrufen oder angerufen wurden. Nicht anders funktioniert es bei einem Training für Moderationstechniken. So kann ich den Teilnehmer etwa fragen: Wie waren Moderationen vor dem Training für dich – und wie danach. Ich kann zudem die Führungskräfte befragen, die Kollegen, Stichwort 360°-Feedback. Meine Erfahrung ist: Oft scheitert das Ganze eher an der Angst vor der Evaluation als daran, dass sie nicht möglich wäre. Oder es scheitert am Geld, denn natürlich braucht eine gescheite Messung des Erfolgs auch die nötigen Ressourcen.

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Zusammenfassung (Buch)

360°-Feedback

Rundum besser: Wie 360°-Feedback hilft, Kompetenzen weiterzuentwickeln.

Martin Scherm und Werner Sarges Hogrefe
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Ganz konkret: Was macht ein gutes Design aus?

Ein gutes Design überzeugt durch gut durchdachte Prozessschritte. Beginnend mit der bereits erwähnten Trainingsbedarfsanalyse. Dann folgt das eigentliche Training, das die Leute mitnehmen und sie weiterbringen muss. Hier brauchen Sie als Designer einen ziemlichen Weitblick: Welche Methoden gibt es, was ist für die Teilnehmer neu und spannend, was einfach anders und innovativ. Wichtig ist, dass durchgängig der Transfer bedacht wird. Schön wäre es, wenn der Teilnehmende schon im Training immer wieder darüber nachdenkt, wann er es anwenden kann.

Welchen Einfluss hat die Präsenz? Müssen Trainer und Trainierte zusammen in einem Raum sein, damit wirklich etwas „hängenbleibt“?

Bis Februar 2020 war ich von Präsenzseminaren überzeugt – und beim Onlinetraining war ich noch sehr vorsichtig. Doch dann wurden wir als Trainer herausgefordert, es brauchte neue digitale Konzepte, Blended Learning… Plötzlich mussten wir technisches Knowhow aufbauen, denn es galt Seminarräume ins Digitale zu übersetzen. Spannend war für mich, festzustellen, dass sich Emotionen und auch mein eher erfahrungsorientierter Lehransatz hervorragend ins Digitale übertragen ließen. Den Lerntransfer habe ich ja im besten Fall schon vorher im Live-Online-Training begleitet. Es ist dann auch leichter und effizienter, nach dem Training die Teilnehmer für kurze Transfereinheiten noch einmal Online zusammenzubringen.

Welche Lerninhalte lassen sich eigentlich in welcher Zeit wirklich effektiv vermitteln?

Ich zitiere einen Trainerkollegen, der vor fast 30 Jahren schon gesagt hat: Ein gutes Training besteht zu 30 Prozent aus Inhalt und zu 70 Prozent aus Übung. Meine Faustregel ist immer: So wenig Inhalt wie nötig, so viel üben wie möglich. Nur so kann ich schauen, wo die Trainees stehen. Und wenn die noch zwei Methoden mehr vertragen, bekommen sie eben zwei Methoden mehr. Mir ist dabei lieber, wenn sie drei Methoden wirklich erlernen und üben, als zehn nur halb oder gar nicht verstanden, aber „mal davon gehört“ zu haben. Fakt ist: In Trainings wird weiterhin viel zu viel Inhalt vermittelt und zu wenig geübt. Der Grund: Auftraggeber wollen immer alles „drin haben“. Mehr Sinn macht aber: Wenig, dafür gründlich. Wichtig ist zudem das „Training from the back of the room“. Dabei geht es darum, dass die Teilnehmer möglichst viel üben und wir als Trainer vor allem im Hintergrund arbeiten. Die Teilnehmer müssen immer in Aktion sein, und Dinge, die erlernt wurden, gleich auch anwenden.

„Zu viele Inhalte“ ist sicher eines Ihrer größten Probleme: Man hat sie für einen Tag bestellt und dann müssen diese zwanzig Punkte aber auch abgearbeitet sein.

Mein täglicher Kampf. Daher frage ich immer: Wollen Sie das vernünftig und gründlich trainiert haben – oder nur besprochen? Das Training bietet nämlich etwas, das Sie im Alltag selten haben: Einen geschützten Rahmen. Hier können Teilnehmende fragen und üben. Und wenn sie Erlerntes für gut befunden haben, werden sie es dann im Alltag auch anwenden. Wenn sie es aber vor lauter Inhalten gar nicht ausprobieren, bleibt die Sache Theorie. Online ist es das sogar noch schlimmer: Wir verlieren generell Zeit mit der Technik, und die Trainingszeit ist in der Regel ohnehin kürzer. Das ist gar nicht einfach für Trainer, die sehr gerne Geschichten erzählen…

Viele sind ja davon ausgegangen, dass man das, was man einst im Präsenzseminar gemacht hat, nun einfach online macht. Wie haben Sie das letzte Jahr erlebt?

Großartig. Ich steckte im März mittendrin in einer Weiterbildung, und der zweite Teil davon fiel bereits in den Lockdown. Sicher hätte ich alles verschieben können, aber ich hatte die ambitionierte Idee, dass das auch online geht. Also habe ich drei Tage Präsenztraining innerhalb von zehn Tagen zu einem Onlinetraining umgebaut – und bin auf ganzer Linie gescheitert. Das war grandios! Vor allem, weil die Gruppe damals verstanden hat, dass es sich um ein Experiment handelt. Mein persönliches Ergebnis aus diesem Experiment war ein neues Onlinetraining mit dem Titel „Vom Präsenz- zum Onlinetrainer“.

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Digitale Transformation

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Ein großer Trend im Onlinetraining ist Gamification – das Vermitteln von Inhalten und Erfahrungen über spielerische Wege. Sie bieten ein sogenanntes Gamelab an. Was ist das, und was bringt das?

Gamification bedeutet, Menschen spielerisch und durch Interaktion in Emotionen zu bringen und diese zu nutzen. Etwa, um anschließend bessere Teams zusammenstellen zu können. Beim Gamelab probieren wir als Gruppe zum Beispiel Interaktionen aus: Wir erleben und erfühlen Situationen und stellen uns die Frage, wie es uns damit geht. Im zweiten Schritt fragen wir uns dann, in welchem Kontext wir diese Interaktion anwenden können. Das funktioniert in verschiedenen Kontexten, von Führungskräfteseminaren über Train-the-Trainer-Ausbildungen, Moderationen bis zum Projektmanagement.

Sie erwähnten zu Beginn, dass Unternehmen das Thema Weiterbildung in Krisenzeiten mitunter aus Kostengründen einstellen. Wie haben Sie es in dieser Krise erlebt?

Natürlich war vor einem Jahr zuerst im Bereich Präsenztraining gar nichts mehr los. Mein neues Programm – vom Präsenz- zum Onlinetrainer – habe ich aber nach fünf Wochen bereits auf dem Markt gehabt, und das war das richtige Produkt zur richtigen Zeit. Ich selbst habe daher keine relevanten Einbußen erlitten. Doch ich sehe Kollegen, die selbst im Oktober 2020 noch meinten, das gehe vorbei. Die bleiben einfach allein im realen Seminarraum. Denen kann ich nur sagen: Das ist gefährlich. Onlinetraining wird bleiben, und wachsen, in der einen oder anderen Art und Weise.

Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf die Rolle des Trainers zurück: Sie schreiben, der Trainer soll ein Lernermöglicher sein. Welche Voraussetzungen sollte er dazu mitbringen?

Gute Trainer müssen ihr Ego zurückstecken. Und das ist in meiner Branche leider manchmal ein bisschen schwierig. Ein guter Trainer ist in der Lage, prägnante Lernerfahrungen zu schaffen. Er muss die Teilnehmenden befähigen, die gewünschten Ziele zu erreichen. Dabei geht es nicht darum, dass wir als Trainer eine tolle Show abliefern. Es geht darum, dass die Teilnehmer lernen können, was sie wollen oder sollen. Oder immerhin das, was ihnen möglich ist. Lernermöglicher heißt für mich, dass der Trainer den optimalen Rahmen, den Raum zum Lernen erschafft. Und dafür braucht es Vertrauen. Trainer und Teilnehmer brauchen die Sicherheit, dass sie sich offen und ehrlich ausprobieren können. Dieser Vertrauensaufbau muss zu Beginn des Trainings passieren.

Über die Autorin
Anna Langheiter begann 1998 als Trainerin, wurde später Trainingsmanagerin und schließlich Ausbilderin für Trainingsdesign. Für ihre Arbeit wurde sie 2017 mit dem europäischen Trainingspreis in Gold ausgezeichnet.

Nächste Schritte:
Lesen Sie unseren Beitrag über Trainings, die ihren Namen verdienen: Trainieren, aber richtig!

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